Unseren geplanten Skandinavien-Bummel mit viel Zeit und ohne Ziel mussten wir aus persönlichen Gründen auf einen 9tägigen Skagerrak-Circle schrumpfen, haben uns ganz bewusst mancherorts Zeit für besonders schöne Passagen genommen, unsere Norweger in Rogaland besucht und diesen Rest von Urlaub trotzdem genießen können.
Ein stürmischer Nordwester hatte uns Montagnachmittag mit böigem Rückenwind von Ostfriesland bis Fehmarn geschoben. Hatte auch nachts keine Ruhe gegeben, aber morgens die düsteren Regenwolken rasch weitergepustet und unser Zelt getrocknet.
Unser erster Stopp auf einem kleinen, privaten Campingplatz am Wenkendorfer Strand mit Blick vom Dachzelt direkt auf die Ostsee war ein gelungener Einstieg in unsere Skagerrak-Tour: Die Betreiber freundlich und aufmerksam und der Stellplatz in himmlischem Frieden zwischen noch fast menschenleerem Strand und Süßwassersee im Naturschutzgebiet direkt dahinter. Der dichte Baumbestand dort hielt den ruppigen Wind über Nacht gut ab – und solltet Ihr je dorthin kommen: Esst Metaxa-Schnitzel!! 😉
Vom Platz aus waren es morgens gerade mal 15min nach Puttgarten, wo wir quasi direkt auf die Scandlines-Fähre nach Roedby durchfahren konnten.
Dieser aufmüpfige Nordwester blieb uns über Lolland, Falster und Seeland auf den Fersen, jagte schwere Regenwolken über den steingrauen Himmel und wühlte die dunklen Wasser in den Sunden unter den Brücken eindrucksvoll auf. Der Windmesser an der imposanten Oeresundbrücke stand dann auch horizontal und der, wohl leere, Sattelschlepper vor uns fuhr, wie Seemänner an Land laufen…
Schweden haben wir diesmal leider nur als Transitland nutzen können: Kilometer abspulen war angesagt…
Unser nächster Stopp, nördlich von Göteborg, erwies sich dann aber als einer unserer schönsten Stellplätze auf dieser Tour!
Im dichtbesiedelten Süden des Landes war es schwerer als gedacht, einen wilden Stellplatz zu finden. So fragten wir nach etlichem Suchen und Probieren gegen Abend beim Hafenmeister einer kleinen Marina an – und er gewährte uns im Windschutz eines Schärenfelsens, dicht bei seinem Materialcontainer Asyl für die Nacht!
Mit weitem Blick über Marina und Schärenbucht, die zu dieser Stunde in weiches, goldenes Abendlicht getaucht waren, schwatzten wir bald darauf mit ihm bei einem kühlen Feierabendbier.
Der stürmische Wind war eingeschlafen. Leinen schlugen leise und rhythmisch gegen die Masten der Segler, die sich sanft in der leichten Dünung wiegten. Abendliche Stille über dem kleinen Ort…
Viel zu schön, um schlafen zu gehen! So sahen wir sehr spät abends noch eine farbenprächtig glühende Sonne zwischen den vielen Inselchen versinken.
Der Morgen weckte uns mit strahlendem Sonnenschein! Da musste ein Spaziergang in den Schären dann einfach sein!
Jedes Fleckchen Erde zwischen den runden Felsen dort war von blühendem, wildem Schnittlauch überzogen! Heckenrosen dufteten zart in der kühlen, klaren Morgenluft, die ersten Gänse flogen rufend über’s Meer…
Aber viel zu schnell musste es weitergehen gen Norden, folgten wir stundenlang stumpf der E6 und entkamen dann dem abendlichen Berufsverkehr um Oslo herum mit einer Fähre, die uns von Moss nach Horten übersetzte. Von da an ging es an der Ostküste Norwegens auf der E18 Richtung Süden. Unser Etappenziel sollte nördlich Arendal liegen.
Am Sandnesfjorden fanden wir – Dank NOAH, der ja auch da noch stehen kann, wo kein herkömmliches Wohnmobil mehr hinkommt – wieder einen Stellplatz direkt am Fjord, diesmal allerdings nur auf einem offiziellen Campingplatz.
Am nächsten Morgen dann lag einer der schönsten Streckenabschnitte vor uns!
Von Arendal bogen wir auf die 42 in die südlichen Ausläufer der Skanden ab und folgten dem kleinen Sträßchen gen Westen durch diese wildromantische Landschaft, die ausschließlich aus schroffem Fels, endlosen Wäldern und ungezähmtem Wasser in allen nur denkbaren Varianten gemacht zu sein scheint…
Wir zählten längst schon keine Tunnel und Brücken mehr, kreuzten wilde Flussläufe, schlängelten uns an malerischen Seen entlang und fuhren durch steil aufragende Berge. Das schmale Sträßchen war oft von mächtigen Steinschlägen gerade so weit freigeräumt, dass es befahrbar blieb. Mit ausgestrecktem Arm hätte ich manches Mal im Vorüberfahren die steilen Felswände berühren können!
Erstaunlich wenige Autos waren mit uns auf dieser urskandinavischen Strecke unterwegs und mehr als ein Mal drehten wir um und fuhren zurück, weil wir etwas besonders Schönes, wie diesen tosenden Wasserfall nahe Evje Og Hornnes, in einem Seitental entdeckt hatten…
Skagerrak-Circle Südliche Ausläufer des Fjell in Norwegen
Hat Euch Euer Navi schon mal zum Lachen gebracht?
Nein, nicht zum Verzweifeln…
Zum Lachen!
Auf unserer Westalpentour hatte uns unseres hin und wieder verblüfft, aber jetzt, während es hektisch aus den engen Tälern seinen Satelliten nachschielte und dann Wasser bergan laufen ließ und äußerst zweifelhafte Streckenführungen ausspuckte… haben wir es – ehrlich zugegeben – nicht mehr so ganz ernst genommen! 😉
Auf unserem Weg nach Westen stieg das Sträßchen mit der Landschaft immer weiter an, bis es nord-östlich von Egersund auf die E39 mündete. Die Landschaft blieb beeindruckend, unsere Möglichkeiten, sie in Ruhe zu genießen, waren auf dieser südlichen Hauptachse aber überschaubar.
Dafür kamen wir jetzt rasch unserem Ziel näher: Rogaland!
Dieser abwechslungsreiche Landstrich im Südwesten vereint auf kleinstem Raum viel von dem, was Norwegen für uns ausmacht!
Fjorde zerklüften die Küstenlinie bis weit ins Landesinnere – und jeder zeigt eine andere Farbe, weil jeder seine ureigene Algenkultur hat. Norwegens Küste soll die am meisten zerklüftete weltweit sein, bemisst sich doch die Küstenlinie einschließlich der Fjorde auf mehr als 25.000! Kilometer, bei einer Nord-Süd-Ausdehnung des Landes von immerhin gut 2.500 Kilometern.
Berge steigen mit schwindelerregenden Steilhängen teils hunderte Meter senkrecht aus tiefem Wasser himmelwärts und wo die tollkühnen Straßenbauer selbst mit Brücken, Stelzen und Tunneln nichts mehr ausrichten konnten, da liegen vielerorts als einzige Verkehrsmöglichkeit die Fähren.
Rogaland liegt im südlichen Teil des malerischen Fjord-Norwegens. Eine eindrucksvolle Landschaft, die uns immer wieder staunen ließ in ihrer Vielfalt, so voller Kontraste auf kleinstem Raum!
Die Distanz zwischen den langen, natürlichen Sandstränden Jaerens, über die flache, fruchtbare Ackerbauebene südlich Stavangers, hin zu den tief eingeschnittenen Fjorden Ryfylkes und dem Fjell, dass sich mit seinem kargen Hochplateau zwischen ihnen erstreckt – messen sich hier in wenigen Kilometern und einer Hand voll Stunden.
Aus den milden, sommerlichen Obstbau-Tälern über Strecken mit oft abenteuerlichem Straßenbau aufsteigend, setzten wir bald verschmitzt grinsend NOAH’s Reifen mitten im Sommer in den Schnee des Hochplateaus – an schattigen Stellen hält der sich hier oft das ganze Jahr. Nicht die Höhe macht’s, die nördliche Lage ist es! Wir sahen unsere ersten – zugegeben Mini- – Eisberge, versteinerte Trollköpfe am Wegesrand (Warum haben die sich denn bloß nicht vor dem ersten Sonnenstrahl verkrümelt?!?) – und kletterten in einem der größten Bergstürze Europas, im Magma UNESCO Geopark…
Aber diese sehenswerte Landschaft ist viel zu schön, um es bei diesen kurzen Streiflichtern zu belassen!
Wenn Ihr Lust habt, kommt einfach mit und guckt Euch um!
Die tiefstehende Sonne warf lange Schatten auf die weiten Sandstrände von Jaeren und setzte die Dünen plastisch in Szene.
Fotogen unverbaut sind die Jaerstrände mit dem Dünengürtel dahinter ein einziges, langgestrecktes Naturschutzgebiet, in dem der Mensch – bis auf speziell bezeichnete und strenger geschützte Areale – auch seinen Platz haben darf.
Teppiche wilder Wicken kriechen zwischen hartem Dünengras über den Sand, gelb blühendes Kraut säumt kaum fußhoch die schmalen Pfade und nirgendwo, wirklich nirgendwo!, haben wir Müll gesehen! Die Norweger sind, was ihre Landschaften betrifft, konsequente Umweltschützer… Beneidenswert!
Einer dieser idyllischen Strände liegt vor den Toren von Sandnes und, vorausgesetzt die Windrichtung stimmt, kann man am Solastranden liegen und zuschauen, wie die riesigen Flugzeuge vom Airport Stavanger Sola mit ohrenbetäubendem Dröhnen, das man bis tief in den Bauch spürt, direkt über einen hinweg starten. – Oder sie kommen atemberaubend flach über Meer und Strand und setzen unmittelbar dahinter auf. – Man meint, sie greifen zu können!
Ich habe das 2002 hier erlebt, wollte es Jörg nun zeigen, aber Petrus spielte nicht mit.
Drei Tage hatten wir Zeit und an keinem einzigen kam der Wind aus der richtigen Richtung… 🙁
Stavanger ist einen Besuch wert!
In früheren Jahrhunderten durch Fischfang, nach dessen Zusammenbruch nun durch Oel reich geworden, zeigt sich Stavanger heute weltoffen, tolerant und vielfältig.
Aber man hat die lange Tradition nicht vergessen!
Die schmucken, weißen Holzhäuschen in Gamle Stavanger, dem alten Stadtviertel, ziehen sich im Westen über dem Vaegen, der langgestreckten Hafenbucht, an einem Bergrücken hinauf. Vielfach von Künstlern bevölkert, sind sie liebevoll restauriert und größtenteils unter Denkmalschutz gestellt. Stammen sie doch aus dem 17. und 18. Jahrhundert! Gaslaternen beleuchten abends romantisch die Eingänge, Fenster wie Türen sind geschmackvoll verziert, die kleinen Gärten malerisch in Szene gesetzt und das ganze Viertel mit seinen engen Kopfstein-Gassen wirkt blitzblank geputzt. – Man muss nur rechtzeitig die Flucht ergreifen, wenn einer der Kreuzfahrtriesen unten am Kai seine Massen frei lässt und diese wie eine Invasion über die vielen schmalen Treppen und Stiegen heraufklettern und das Viertel mit seinen kleinen Sträßchen regelrecht überfluten…
Auch der historische Skagenkajen gegenüber wird mit viel Liebe zum Detail in Stand gehalten. Die alten, hölzernen Speicherhäuser beherbergen heute Geschäfte und Restaurants mit einem herrlichen Blick auf das bunte Hafentreiben davor!
Der sehenswerte Fischmarkt dort ist leicht an seiner Garnelenskulptur hoch über ihm zu erkennen. Wer gerne Meeresgetier essen mag, ist hier in seinem kulinarischen Paradies! Von Lachshälften mit weit mehr als einem Meter Länge bis hin zu grimmig guckende Seeteufeln – Wer würde das nicht in der gleichen Situation?! – und dazwischen alles nur Denkbare, das das Meer zu bieten hat! Hier steht jeder Fischliebhaber vor der Qual der Wahl…
Unsere Norweger haben uns traditionelle Fischfrikadellen probieren lassen und, nachdem ich begeistert eines kaufen wollte, ein sündhaft teures Bein einer großen, roten Königskrabbe erstanden. Ich „durfte“ es nicht bezahlen, wir sollten uns eingeladen fühlen…
Ohja, davon könnte ich während unserer letzten Tage auch gerne die restlichen fünf verdrücken, die das Monsterviecherl noch zu bieten hatte!!
(Dann aber ganz bestimmt auf eigene Kosten!)
Wir hatten das Glück, dass unsere Norweger uns mitnahmen auf eine Bootstour durch die Inselchen vor Stavanger. Natürlich zum Angeln! Ich glaube, Norweger können gar nicht anders… 😉
Die bunten Holzhäuser am Rande Stavangers klettern bis hinaus in die Schären, wir folgten dem Stroemsteinsundet Richtung Nordosten zwischen den vielen vorgelagerten Inseln und Inselchen hindurch.
Wo immer sich ein Hauch Erde auf den rundgeschliffenen Felsen ansammeln konnte, versucht eine kleine Kiefer ihr Glück. Die Felsen fallen oft steil ins Meer ab, sodass man ohne Risiko sehr dicht unter der Küste fahren kann. – Klar, sollte man wissen, wo sich unter Wasser Felsen verstecken!
Eine Küste so grundverschieden zu unserer heimischen! Die aber, so sanft sie auch scheinen mag, mit ihren sich im Jahresverlauf verschiebenden Fahrwassern, mit plötzlich nach Stürmen aufgeworfenen Untiefen und Grundseen in den Seegatten, dennoch zu einer der gefährlichsten weltweit zählt.
Aber zurück in die Schären!
Der Sund ist oft zwischen den Inseln nur ein schmales Fahrwasser, dann wieder weitet er sich zu einer ausladenden Wasserfläche, auf der Lachsfarmen schwimmen. Die See ist hier im Schutz der Holmen (Felsinselchen) ruhig, so dass wir diese ganz eigene Sicht auf die zerklüftete Felsküste wirklich genießen konnten!
Inmitten dieser Inselwelt stoppten wir. Tief unter uns lagen Felsen im Sund verborgen, die eine Vielfalt von Fischen anziehen und diesen Platz zum Angeln besonders erfolgversprechend machen. – Und tatsächlich dauerte es keine halbe Stunde, bis neun Fische angebissen hatten!
Schnell war ein Topf voll Wasser aus dem Sund geschöpft und die erste Kostprobe kamen auf’s Feuer. Fangfrisch!
… und sowas von lecker!!
Dank an unsere Norweger!
Lysefjord – Zugegeben, ich bin verschossen in dieses abenteuerliche Fleckchen Erde!
In diese tiefgründige, geheimnisvolle Wasserstraße, die schon von den Wikingern mit ihren Langbooten befahren wurde. In diese monumentalen, senkrecht aus den Fluten aufsteigenden Felswände, die mit dem Kjerag und seiner tausend(!) Meter steil in die Tiefe stürzenden Flanke ein weltweiter Hotspot für Basejumper ist. In die friedvolle Stille dieser kleinen, abgeschiedenen Welt – aber auch in das mystische Spiel aus Licht und Schatten, wenn der Wind das Wetter wie fliegende Schatten über Hänge und Fjord jagt…
Ich hatte den Lysefjord still verträumt unter intensiver Sommersonne liegen sehen, blaugrün leuchtend durch die Blüte seiner Algen. Der Preikestolen thronte majestätisch über dieser malerischen Szenerie, kein Wölkchen am tiefblauen Himmel – diese grandiose Natur präsentiert wie aus einem Bildband.
All das wollte ich Jörg jetzt zeigen.
Und am Ende dieses Sonntages, der so gar keiner war, war ich stinksauer auf Petrus!
Er gönnte uns keinen Hauch von Wind, der das Wetter aus dem Fjord jagte! – Und uns blieb keine Wahl, die Fähre musste Tage im Voraus gebucht werden…
Stattdessen tiefhängende Wolkenbänke, die uns jegliche Aussicht auf diese grandiosen Felsformationen stahlen.
Statt der ersehnten Wetterbesserung niedersinkender Nebel, Wolkenwalzen an den Bergflanken – und zu guterletzt Regen…
Nein, ich war richtig sauer!
Aber einige Informationen, Legenden und Kuriositäten über dieses eigenwillige Fleckchen Erde möchte ich Euch dennoch nicht vorenthalten:
Schon am Eingang zum Lysefjord liegt eine für die sonst so tief eingeschnittenen Fjorde in ihrer Höhe einzigartige Schwelle, hier beträgt die Wassertiefe gerade einmal 13 Meter, wo sonst hunderte das Maß sind. Kein Problem für die Fähren, aber vor Jahren die Rettung für Millionen von Lachsen. Während das Aufblühen giftiger Algen an der Küste Norwegens den Lachskulturen dort übel zusetzte, war der Lysefjord, geschützt durch eben diese Schwelle und unterstützt von seinen vielen Wasserfällen, die mit frischen Süßwasser dagegenhielten, die lebensrettende Zuflucht für Lachskulturen in Millionenwert, die rasch hierher geschleppt wurden.
Auch Bergsholmen, die kleine und einzige Insel am Fjordeingang, ist mit ihren gerade einmal zwei Einwohnern ein Kuriosum, das aber typisch ist für Norwegen: Wo immer der Norweger sein Auskommen fand, auch wenn es mühselig war, da siedelte er.
Erinnert Ihr das Foto von Fantehola in der vorletzten Galerie?
Frei übersetzt bedeutet der Name Stromerloch oder Stromerhöhle. Dazu gibt es eine nette Anekdote, die die Fährlinie mit beeindruckender Präzision in Szene setzt: Rückwärts manövriert die Crew die nicht wirklich kleine Fähre in eine breitere Felsspalte zwischen die hoch aufragenden Steilhänge, während durch den Lautsprecher – viersprachig, wie alle Ansagen – diese Anekdote berichtet wird: Arme Landstreicher, die ihre Steuern nicht bezahlten konnten, flüchteten sich hierher vor der Verfolgung durch die Polizei. Als diese ihnen nach kam, bewarfen sie sie solange von oben mit Steinen, bis diese aufgaben und abzogen. Die Höhle gilt seither als uneinnehmbar…
Wie dicht die Fähre aber zwischen diese Felsen manövriert, das ist eine ganz andere Sache! Ihr seht es auf den Fotos.
Von den 600 Metern des steil aus den Felsen zu seinen Füßen aufragenden, majestätischen Predigtstuhls, dem Preikestolen, sahen wir dann immerhin etwa fünfzig Höhenmeter eben dieses ersten Felsens…
Grrrrr…
Sauer!!
Den Hof Bratteli verschleierte der Nebel schon so arg, dass eigentlich kein vernünftiges Foto mehr machbar war. Trotzdem habe ich abgedrückt, weil alle Eltern schlucken werden – im Nachdenken vielleicht vorsichtig verständnisvoll schlucken werden – bei dieser Eigenart der früheren Hofbewohner: Der Hof an steiler Bergflanke gelegen, mehr als genug mühselige Arbeit und viele Kinder, was also tun? Man hat die Kinder angepflockt wie Ziegen, damit sie beim Spielen nicht über den Fels in die Tiefe – hier hat das Wasser mit 457 Metern seinen tiefsten Punkt – des Fjordes stürzen konnten…
Floerli, das historische Elektrizitätswerk am Ufer habe ich dann tatsächlich nicht mehr fotografiert, weil seine – für mich – Hauptattraktion größtenteils von Wolken verschlungen war, eine Holztreppe mit 4444(!) Stufen, die, neben den dicken Wasserrohren, steil an der Bergflanke vom Ufer hinauf auf’s Gebirge führt…
Dem historischen Werk folgte Ende des letzten Jahrhunderts ein modernes, typisch norwegisches. Da kennen die Norweger ja nix! Dieses neue Werk liegt 900 Meter tief im Inneren des Berges, die Zufahrtstraße führt durch einen mehr als zwei Kilometer langen Tunnel und auch das Wasser für dieses Wasserkraftwerk wird von den Speicherbecken auf dem Gebirge über einen Tunnel direkt ins Kraftwerk geleitet…
Tiefer im Fjord gibt es eine feuchte Felsnische knapp über der Wasseroberfläche – der Lieblings-Lümmelplatz der Fjord-Seehunde. Um die vierhundert leben allein hier im Lysefjord – und haben gewiss keinen Mangel an Fisch!
Je tiefer der Fjord ins Land schneidet, der Lysefjord bringt es auf 42 Kilometer, desto höher werden seine Flanken. Den Kjerag mit seinen exakt 1084 Metern Höhe hatte ich in Verbindung mit den Basejumpern schon erwähnt. Aber das sind hier nicht die einzigen Waghalsigen! Bei Wetter – nicht Mistwetter! – sieht man von der Fähre aus auch den Kjeragkeil, einen großen, runden Felsen, der zwischen zwei Felswänden eingekeilt ist. – Und es gibt immer wieder Abenteurer, die da drauf rumklettern müssen…
Vom Kjerag bis zum Lysebotn ist es nicht mehr weit. Die flache Landzunge, die das Ende des Fjordes bildet, einst von der Eiszeit geformt und seither von einem Flüsschen mit Geröll aufgefüllt, war jahrhundertelang ein beschaulicher Ort. Jetzt gibt es hier eine Herberge für Wanderer, regelmäßige Fährverbindungen und seit 1984 ein kleines Sträßchen, auf das wir uns schon lange freuten, windet es sich doch – wie könnte es anders sein – anfangs direkt durch den Berg auf seinem Weg auf’s Plateau hinauf…
Aber wir konnten dieses abenteuerliche Sträßchen nicht befahren. Es war gesperrt!
In der Information für Wanderer erfuhren wir dann, dass der Nebel so dicht war, die Wolken so tief in die Berge gesunken waren, dass kein Wanderer auf die schwindelerregenden Pfade und kein Auto auf das schmale Sträßchen gelassen wurde. – Wann? – Geduld war gefragt.
Zwischendurch erzählte uns dann der nette Mensch von der Information, dass so harte Regelungen erlassen werden mussten, weil es häufiger vermisste Wanderer gibt, die trotz großangelegter Suchaktionen in dem zerklüfteten Gebiet niemals wiedergefunden werden und verunglückte Autos auf der Strecke zu bergen ein Abenteuer für sich ist…
Jeder Wanderer muss sich jetzt hier melden und seine beabsichtigte Route erklären – hoffen wir, dass das hilft.
Nach einer Stunde kam etwas Wind auf, nach eineinhalb Stunden war die Sicht soweit akzeptabel, dass zumindest das Sträßchen wieder freigegeben wurde. Die Wanderer mussten sich weiter gedulden, zu unsicher die nassen Pfade entlang der Abgründe.
Wir umfuhren die Mündung des kleinen Flusses, herrliches Geröll, aber Offroad ist hier nicht, und tauchten ein in den Berg. Gut einspurig schraubt sich der Tunnel steil bergan durch den Fels.
Launetour!
Sobald das Sträßchen den Berg verlässt, windet es sich in vielen engen Kehren ohne weiteren Schutz an der steilen Bergflanke hinauf. Ein Ausweichen ist oft nur möglich, wenn einer zurücksetzt und jetzt, bei dem durchgeweichten Untergrund, möchte wohl keiner auf der Talseite vom schmalen Asphaltband abkommen. Mitten im Hang gibt es einen tosenden Wasserfall, der sich eine große Mulde in den Fels gegraben hat. Hier kann man herrlich planschen. Könnte man, wenn nicht – naja, Ihr wisst ja – Parka, Kapuze, Regen bei hochsommerlichen Temperaturen im einstelligen Bereich…
An diesem Sonntag merkten wir wirklich nichts davon, dass der Golfstrom den Westen Norwegens ausgiebig wärmt.
Nach insgesamt 27 Kehren hatten wir das Fjell, wie die Norweger alles Land oberhalb der Baumgrenze nennen, erreicht. Gerne hätten wir unterwegs vom Oeygardsstoelen, dem Adlernest, aus unseren Blick über die Weite des tief eingeschnittenen Fjordes schweifen lassen, liegt der ehemalige Hof, der zu einem Ausflugslokal umgebaut wurde, doch spektakulär am Rande der Felsen. Aber die tiefen Wolken verdarben uns den Spaß, so dass uns die beiden Reisebusse nicht mehr wirklich stören konnten…
Das Sträßchen führt nun mit mäßigen Steigungen über Kilometer allmählich hinauf zum höchsten Punkt des Plateaus. Die Vegetation duckt sich immer tiefer an den steinigen Untergrund, die Erdflächen zwischen den Felsen sind nass und vermoort. Flechten und Moose dominieren bald das Bild. Das Fjell ist majestätisch in seiner geheimnisvollen Weite! Überwiegend sanft gewellt, kaum bewachsen, urwüchsig, wie von den Eismassen der Eiszeit zurückgelassen, dehnt es sich bis zum Horizont.
Land der Trolle!
Je höher wir kamen, desto rauer und karger wurde die Landschaft. Dabei liegt selbst der höchste Punkt deutlich unter 1000 Metern! Kalt ist es hier oben. Die Schneewächten wurden immer mächtiger, eisiger Nebel hing in den Hochtälern und auf den Seen trieben friedliche, kleine Eisberge.
Skagerrak-Circle Das Fjell
Fast Dreiviertel des Landes besteht aus solch steilen, felsigen Bergen und sumpfigem Ödland, während nur ein Viertel von Wald bedeckt ist. Da täuscht der Eindruck gewaltig – ich hätte mit viel mehr Wald gerechnet! Auch ist nur ein verschwindend geringer Teil der Landesfläche überhaupt für Landwirtschaft zu gebrauchen, er liegt weit unter fünf Prozent der Gesamtfläche. Kein Wunder, dass die Norweger jedes annähernd mögliche Fleckchen Erde nutzen…
Hier oben aber wäre ein Überleben allenfalls mit Sammeln und Jagen möglich. Beeren gibt es genug. Lemminge gibt es auch, aber sie zeigten sich uns nicht.
Eine schmale Straße (45), auf der wir seit Svartevatn unterwegs waren, führte uns allmählich wieder unter die Baumgrenze. Erste Häuser, mit dem so typischen Gras auf dem Dach, lagen verstreut an den Hängen und bald folgten wir zwischen steilen Bergen einem schmalen Tal. In Byrkjedal zeigten unsere Norweger uns dann ein Hotel mit einem ganz eigenen Konzept: Im ersten Moment hat man den Eindruck, ein heimatkundliches Museum zu betreten. Nach historischen Vorbildern gebaute kleine Holzhäuser, die unter ihren malerischen Grasdächern allen Wettern trotzen, kann man hier mieten. Auch eine Wassermühle, die aber leider nicht an diesem romantischen, kleinen Bach steht. Im Hotel gibt es traditionelle Speisen, deren Zusammensetzung unseren mitteleuropäischen Mägen doch so manches Fragezeichen aufgab. Eine weiße Ziege überwacht den länglichen Platz, um den sich die Häuschen scharen – und natürlich ist eines von Trollen bewohnt!
Kurz hinter Byrkjedal, in südwestlicher Richtung, liegt der Magma-UNESCO-Geopark mit seinem 930 Millionen Jahre altem Gestein. Während der letzten Eiszeit wurde das Tal von einem Gletscher gefüllt, der aus Nordosten Schutt und Geröll mitgebracht hatte. Als das Eis schmolz, blieb dieses Geröll als gewaltige Endmoräne liegen, blockierte das Tal und staute auch den Hunnedalselva auf. Das Schmelzwasser bildete mit ihm zusammen bei Byrkedal einen großen See, der seinen Abfluss nach Nordwesten fand.
Später gab es im Bereich dieser Endmoräne an der Südflanke des Gloppedals einen gewaltigen Felssturz, bei dem hausgroße Blöcke ins Tal polterten. Einige davon wurden von dieser entfesselten Wucht bis auf die Nordflanke geschleudert – der Gloppedalsura, dieses gigantische Feld aus Gesteinsbrocken, ist Europas größter Bergsturz!
Von hier aus, unserem letzten Stopp auf der Lysefjord-Runde, folgten wir der 45 weiter entlang einiger Seen bis Malmeim, dann auf der 503 durch langgezogene Täler nach Vikesa und von dort ging es rasch auf der E39 zurück nach Sandnes.
Skagerrak-Circle Gloppedalsura
An unserem letzten Tag in Rogaland ging es noch einmal ans Meer. Tungenes fyr, dieses historische Leuchtfeuer am nördlichsten Ende der Halbinsel Tungenes war unser Ziel. Die älteste Tochter unserer Norweger unterrichtet u.a. dort Schulklassen in der Geschichte dieses naturverbundenen Volkes. Der seit 1998 denkmalgeschützte Leuchtturm, dessen Gebäude zwischen 1862 und 1947 erbaut wurden, war einst ein wichtiger Wegepunkt auf dem Seeweg nach Stavanger. – Das vierte Foto zeigt die Nebelsignale des Leuchtfeuers, das bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts in Betrieb war. Am Haus die metallenen Röhren und seewärts davor die Glocke auf hohem Turm.
Aber wir mussten Abschied nehmen vom schönen Rogaland, am nächsten Morgen schon sollte uns die Fähre von Kristiansand nach Hirtshals zurück bringen…
Diesmal folgten wir, als Kontrastprogramm zu unserer Anreise über’s Fjell, den kleinen, kurvigen Küstenstraßen. Vom Tungenes fyr aus erst auf der 509 zurück nach Sola, dann bis Verdalen über die 510, mit einem Abstecher über das unbezifferte Sträßchen, das den malerischen Strand in Sola vom Flughafen trennt – aber auch an diesem letzten Tag startete keine Maschine in unsere Richtung…
Von Verdalen aus führt die 507 auf einer Landenge entlang, trennt den Orrevatnet von der Nordsee und bietet herrliche Ausblicke mit den weiten, verschieden farbigen Wassern zu beiden Seiten. In der Nähe von Soeyland geht die 507 dann nahtlos in die 44 über, die eng dem Küstenverlauf bis Flekkefjod in Vest-Agder folgt.
Doch bevor wir Rogaland verließen, hatten wir noch einen interessanten Stopp am südlichsten Fjord Rogalands, dem Joessingfjorden, vor. Hier, unter dem Helleren, hatten frühe Siedler um die Jahrhundertwende des 18./19. Jahrhunderts drei Häuschen errichtet, wobei erste Siedlungsspuren gar bis in die Steinzeit zurückreichen. Vor Wind und Wetter geschützt unter dem Felsüberhang (im Norwegischen steht „heller“ für Felsenhöhle), haben zwei davon erstaunlich gut diese lange Zeit überstanden. Noch nicht einmal ein Dach im herkömmlichen Sinne war nötig, so gut schützt der zehn Meter tiefe Felsüberhang vor den nordischen Wettern, einzig ein kräftiger Südwind kann Regen bis zu den Häuschen tragen. Bis in die 1920er Jahre hatte hier eine Familie in einfachsten Verhältnissen gelebt, ernährte sich vom Fischfang und hielt genügsame Haustiere wie Schafe. Das Heu wurde oben auf dem Helleren gemacht und dann abgeseilt. Bis 1921 war das Gehöft nur über den Fjord und steile Felsstiegen erreichbar, bevor die Straße eröffnet wurde.
Eine Besonderheit gibt es dort bis heute, den Draben, was Tropfen bedeutet: In einer Felsnische fangen zwei Eimer die Wassertropfen, die aus dem Gestein rinnen, auf. Das Wasser ist so gut gefiltert, dass es unbeschadet von durstigen Reisenden getrunken werden kann, eine Kelle hängt bis heute am Eimer…
Ein Mal mehr schraubte sich so ein kleines Sträßchen in einen bis an die Küste reichenden Ausläufer der Skanden hinauf. Noch immer bewegten wir uns im Magma UNESCO Geopark, der sich vom Gloppedal im Nordosten mit seinen einzigartigen Gesteinsformationen bis südlich von Flekkefjord ausdehnt. Vom Joessingfjorden aus stiegen wir über viele Kurven in die Berge und folgten bis Log diesem gewundenen Sträßchen durch eine wildromantische, so typisch skaninavische Berglandschaft.
Unser letztes Camp nach Jedermannsrecht war dann noch einmal eines der besonderen Art. Abgelegen an einem kleinen See genossen wir ein letztes Mal diese unbezahlbare Freiheit, unser Nachtlager selbst aussuchen zu können. Knapp vor Sonnenuntergang war das Zelt aufgebaut, der Tisch gedeckt und wir mit Antibrumm forte gegen zudringliche Bewohner dieses idyllischen Platzes gewappnet. Nun konnten wir in aller Ruhe das wechselnde Licht beobachten, die blaue Stunde im Freien erleben und saßen behaglich bis nach Mitternacht, weil es, selbst hier im Süden, jetzt nicht mehr richtig dunkel wurde.
Wundervolles Licht!
Es wurde eine kurze Nacht, denn schon bei Tagesanbruch brachen wir auf, die Fähre ging um 7.00Uhr…
Erstaunlich flott kamen wir trotz Berufsverkehr zum Fährhafen in Kristiansand durch und waren viel früher als gedacht am Anleger. Der Pott war groß, der Andrang um diese Tageszeit glücklicherweise noch nicht. Gab es doch allein 22! Wartespuren für PKW, Wohnmobile und solche wie uns – und dazu 8 für die ganz Großen, Dicken, Langen.
Die Zivilisation hatte uns wieder. – Bloß weg hier!!
Aber das galt nicht. Wir mussten zurück. Woher sollten sonst die Finanzen für die nächste Reise kommen…?
Eine ganze Weile konnten wir nichts weiter tun, als untätig auf diesen Wartespuren rumzulümmeln. Holten unser Frühstück nach, guckten uns müßig um, wer sich denn sonst noch so im Laufe der Zeit einreihte – und entdeckten doch eine kleine handvoll anderer interessanter Camper.
Auf der Fähre enterten wir eines der Achterdecks. Das Wetter war herrlich, viel zu schade, um es im Inneren dieses quirligen, lauten Wespennestes von Schiff zu verbringen!
Der Skagerrak zeigte sich von seiner Sonnenseite und Skandinavien verabschiedete uns mit eindrucksvollen Bildern aus den Schären. – Bis die Crew der SuperSpeed 1 ein Stück außerhalb des Hafens den Hebel auf den Tisch legte und die ganze Hütte derart vibrierte, so dass kein einziges vernünftiges Foto mehr möglich war…
Nach einer herrlichen Sonnenpassage kam die dänische Küste in Sicht und NOAH rollte wieder.
Kneifen galt nicht…
Wir mussten wirklich heim…
Skagerrak-Circle Kristiansand - Hirtshals
Tour-Info
Stand Juni 2017 für Fahrzeuge unter 6m Länge und 3,50m Höhe, 2 Personen
Scandlines-Ticket Puttgarden – Roedby 104 Euro
Passage Oeresundbrücke 410 DKK / Dänische Kronen = 56 Euro
Bastö Fosen-Ticket Moss – Horten 178 NOK / Norwegische Kronen
Antibrumm forte von Vifor Consumer Health SA / Schweiz ist unser lang erprobter, verlässlicher Schutz gegen summende Plagegeister und Zecken
Allemannsretten – Jedermannsrecht
Um dieses so alte wie großzügige Recht wertzuschätzen und uns damit zu bewahren, halten wir uns doch gerne an einige wenige – eigentlich selbstverständliche – Auflagen.
Nachdem wir uns auch erst schlau machen mussten, was es denn wirklich beinhaltet, habe ich es hier kurz zusammengefasst:
– zu Fuß kann man sich frei bewegen,
– Zelten ist, mit einem Abstand von 150 Metern vom nächsten Grundstück – außer Sicht – und für maximal 2 Nächte, gestattet,
– bewirtschaftete Felder und Wiesen werden nicht betreten,
– geschlossene Gattertore werden wieder geschlossen,
– von Mitte April bis Mitte September ist offenes Feuer in der Natur, leider aber verständlicher Weise, verboten,
– Hunde werden angeleint,
– Müll wird wieder mitgenommen,
– für Motorfahrzeuge ist der Zugang in der Regel abseits der legalen Wege verboten und
– Rücksicht auf die Tierwelt, besonders während Brut- und Setzzeiten, ist doch selbstverständlich!