Auf vergessenen Straßen durch Deutschland – Spätsommer 2020

Bilderbogen einer Deutschlandreise

Historische Horster Wassermühle
Historische Horster Wassermühle
Autostrand Sankt Peter-Ording
Autostrand Sankt Peter-Ording
Wegweiser der Postkutschen
Wegweiser der Postkutschen
Lieberoser Heide
Lieberoser Heide
Vergessene Straßen
Vergessene Straßen


Sommerurlaub 2020. Von Mai auf August verschoben – Dank an unsere verständnisvollen Chefs! – Gehofft … Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes, wie Reisebeschränkungen angedachter Zielländer verfolgt … gehofft … später Fallzahlen und Hotspots in Deutschland unter Beobachtung gestellt … gehofft … doch Corona lässt nicht los.

Also: Deutschland, die Zweite – und wir sind wild entschlossen, unser schönes Land mit Sinn und Verstand auch diesmal zu genießen!

Als perfekter Start in diesem Sinne entpuppt sich dann unser erster Stepp: Romantisch an der Seeve gelegen, inmitten jahrhundertealter, knorriger Baumriesen steht eine historische Wassermühle. Im Schatten der hohen Bäume ein weitläufiger Biergarten mit dicken, rustikalen Eichenbohlen auf schweren, ausgemustertem Mühleninventar.
Die Speisekarte gleicht einer Verführung und ich bin echt auf mein Schnitzel gespannt: Mit Preiselbeeren und Camembert überbacken – klingt das nicht lecker?! War’s auch. Genauso wie Jörg’s Schweinemedallions mit frisch duftenden Rahmchampignons. Die Portionen sind eine Herausforderung und die Horster Mühle wird in unserer kulinarischen Deutschlandkarte vermerkt!
Später folgen wir dem schmalen Pfad, der sich zwischen den imposanten Bäumen am Flüsschen entlang schlängelt, zum Wehr. Mit dem mächtigen Mühlrad am Gemäuer und der rustikalen Technik der Wasserführung hat es die Zeit überdauert. Vor nahezu einem viertel Jahrhundert haben die Inhaber dieser historischen Wassermühle mit Unterstützung hier am Wehr eine Fischtreppen eingebaut, die Meerforellen und Lachsen nun wieder den Weg in ihre Laichgewässer ermöglicht.
So etwas unterstützen wir doch gerne mit einem nächsten Besuch!

Horster Wassermühle

Straßenansicht der historischen Wassermühle
Straßenansicht der historischen Wassermühle
Romantik
Romantik
Gute Idee!
Gute Idee!
Wasserspiele im Mühlbach
Wasserspiele im Mühlbach
Abend an der Horster Mühle
Abend an der Horster Mühle


Am Morgen lassen wir die geschäftige Metropole Hamburg rasch hinter uns und hangeln uns gemütlich entlang der Elbe gen Norden. Auf kleinstmöglichen Straßen fernab jeden Trubels wollen wir unsere Urlaubstage genießen.
Durch die Haseldorfer Marsch begleitet uns Regen, doch der lässt am Nachmittag nach und die Wolkenlücken bringen uns immer mehr Sonnenschein zurück.
Auffällig viele reetgedeckte Häuser und Höfe gibt es hier noch. Von knuffigen, liebevoll restaurierten Katen bis hin zu mächtigen, dreigeschossigen Höfen, die behäbig auf ihren Wurten thronen. Aber, erstaunlich so nah an Hamburg, warten auch noch viele auf eine sorgsame Hand.

So weit das Auge reicht, breitet sich sattgrünes Marschenland aus, dunkle Gehölzstreifen umfrieden die Weiden und abgeernteten Äcker, es liegt spätsommerliche Stille über der weiten Ebene.
Für die Nacht finden wir an einem kleinen Hafen direkt an der Elbe einen schönen Stellplatz, spazieren über den bemerkenswert breiten Sandstrand, gucken gemütlich Elbkino und bekommen später ein spektakuläres Schauspiel vom Sonnenuntergang in einer Gewitterfront geboten.

Nachtlager am Elbufer

Bemerkenswerter Sandstrand
Bemerkenswerter Sandstrand
Leben mit dem Fluß
Leben mit dem Fluß
Toller Stellplatz
Toller Stellplatz
Elbkino ...
Elbkino ...
... wird nie langweilig
... wird nie langweilig

Massige Cumulusberge türmen sich hoch in die Atmosphäre auf, darunter jagen stürmische Böen bleigraue Wolkenfetzen über den düsteren Himmel. Doch durch vereinzelte Wolkenlücken verzaubert das goldene Licht der tiefstehenden Abendsonne diese wilde Szenerie.
Später in der Nacht reißen dann gewaltige Blitze ganze Cumulusgebirge mit kaltblauem Licht aus der Finsternis.

Gewitter über der Elbe

Da braut sich was zusammen.
Da braut sich was zusammen.
Licht und Schatten
Licht und Schatten
Golden light
Golden light
Himmelsfenster
Himmelsfenster
Petrus öffnet die Himmelsschleusen
Petrus öffnet die Himmelsschleusen


Über den hier schnurgeraden Nord-Ostsee-Kanal geht es weiter nordwärts. Der Autostrand von Sankt Peter-Ording ist ein Muss für die artgerechte Haltung eines ausgewachsenen Allrad-Sprinters. – Allrad zuschalten, Untersetzung – und rein ins Vergnügen! – Und wir sind bei Weitem nicht die einzigen Spielkinder hier …
Dutzende Kites färben den Himmel am Horizont bunt, Surfer haben ihr eigenes Revier, Strandbuggys flitzen über den Sand, aber auch für einen entspannten Strandspaziergang und ungestörtes Baden ist gesorgt. Wir fühlen uns pudelwohl hier!
Dieser Strand sucht allein schon in seiner Dimension seines Gleichen, doch nicht einmal diese beeindruckende Breite kann verhindern, dass er heute bei Flut mit mehr als einem Meter über NormalNull überflutet werden wird – und zwar komplett. Seit Tagen drückt stürmischer Wind das Wasser in die Deutsche Bucht. – Um 16.00 Uhr ist Hochwasser, so treten wir leider schon um 15.00 Uhr geordnet den Rückzug an.
Schade. Aber: Heute ist nicht alle Tage …

Autostrand Sankt Peter-Ording

Querung Nord-Ostsee-Kanal
Querung Nord-Ostsee-Kanal
Pole-Position mit Hindernis
Pole-Position mit Hindernis
Strand-Spielplatz für große Kinder
Strand-Spielplatz für große Kinder
... jedem seinen Spaß!
... jedem seinen Spaß!
... hmmm, grins ...
... hmmm, grins ...


Friedrichstadt ist ein malerisches, altes Städtchen, das einst von holländischen Glaubensflüchtlingen erbaut wurde, was Architektur und Stadtanlage widerspiegeln und das wollen wir uns gerne anschauen, trotz Regenschauern.
Hohe Stufengiebelhäuser in holländischem Stil säumen den weiten Marktplatz und entlang der Grachten schmücken üppig blühende Rosenstöcke die historischen Fassaden. Manche der uralten Häuser neigen sich bedenklich schräg mit dem Giebel über die Straße und wir rätseln, denn trotz Jahreszahlen wie 1648 entdecken wir keinerlei ausgebesserte Risse oder ähnliches.
Eines der ältesten Häuser im Städtchen klärt dann das Rätsel mit einer Tafel an der weiß getünchten Mauer auf: Die Gebäude sind zugleich Wohnhaus und Speicher und so eigenwillig konstruiert, um Freiraum für einen Seilzug zu bekommen. – Von Leer kennen wir Speicherhäuser, diese aber mit senkrechter Fassade und einer überdachten Balkenkonstruktion für den Flaschenzug am Giebel.

Friedrichstadt & Husum

Am Marktplatz in Friedrichstadt
Am Marktplatz in Friedrichstadt
Straßen links und rechts der Grachten
Straßen links und rechts der Grachten
Eines der ältesten Häuser
Eines der ältesten Häuser
Husums alte Häuser
Husums alte Häuser
Gegenüber dem Storm-Museum
Gegenüber dem Storm-Museum


In Husum mit seinem historischen, bis zum Markt reichenden Stadthafen ist das Theodor Strom-Haus als Wegpunkt gesetzt. Hat er doch mit seinem ‚Schimmelreiter‘ schon im Teenager-Alter bei mir, Winni, diese tiefe Sehnsucht nach der Nordsee und ihren rauen, einsamen Küstenstrichen geweckt. Lange lebe ich nun schon an diesem stürmischen Meer – und noch immer ist es mein Lebenselixier, liebe ich es, wenn der Sturm die Gischt weit über den Strand jagt, durch die offenen Ebenen tost und sich dieser schier endlose Himmel bis zum fernen Horizont darüber wölbt.

Im Museum sind – für uns erfreulich – wenige Menschen unterwegs, die auffallend rücksichtsvoll miteinander umgehen. Das Haus ist fast ehrfürchtig still, so dass wir in aller Ruhe unseren Gedanken nachhängen können. Jetzt stehen wir hier in Storm’s Arbeitszimmer und ich lese die Titel in seiner Bibliothek und es berührt mich, an diesem Schreibtisch zu stehen, an dem er seinen ‚Schimmelreiter‘ im Februar 1888 vollendet hatte. Eine uralte Deichsage inspirierte Storm zu dieser Novelle und der Hattstetter Neue Koog diente ihm als Vorbild für seinen Hauke Haien Koog, an dem er dann seine Geschichte spielen ließ.

Theodor Storm-Haus in Husum

Theodor Storm-Haus
Theodor Storm-Haus
Anfänge des 'Schimmelreiters'
Anfänge des 'Schimmelreiters'
Theodor Storm
Theodor Storm
Handschriftliches Skript
Handschriftliches Skript
Bis hin zur Erstausgabe.
Bis hin zur Erstausgabe.


Der heutige Hauke Haien Koog ist nur nach dem Deichgrafen aus dem ‚Schimmelreiter‘ benannt, wurde aber erst 70 Jahre nach dem Erscheinen der Erstausgabe, die Storm nicht mehr erlebte, eingedeicht. – Doch mit seinen schilfgesäumten Wasserflächen ist dieser Koog ein Paradies für Wasservögel, die sich hier jetzt im Spätsommer schon zu Hunderten einfinden.

Gemütlich tingeln wir weiter gen Norden und übernachten als einzige Gäste auf einem abgelegenen Einsiedlerhof an der Dänischen Grenze. Ein letztes Mal kann unser Blick so frei über die endlosen Marschen schweifen.
Am nächsten Morgen folgen wir dann der schmalen, einsamen Grenzstraße nach Osten. Glücksburg mit seinem historischen Wasserschloss ist heute unser Ziel.

Wasserschloss zu Glücksburg

Renaissanceschloss zu Glücksburg
Renaissanceschloss zu Glücksburg
Beeindruckendes Torhaus
Beeindruckendes Torhaus
Romantisch
Romantisch
Uralte Bäume im Park
Uralte Bäume im Park
Am Schlossteich
Am Schlossteich


Sicher auf einem zweieinhalb Meter hohen Granitblock gegründet, liegt Schloss Glücksburg inmitten eines kleinen Sees, der im 16. Jahrhundert aus einem Flüsschen aufgestaut wurde. Die grauen Regenwolken nehmen seiner weißen Fassade heute die Strahlkraft, doch die stille Wasserfläche spiegelt ein stolzes Bild – Stammhaus der dänischen Könige.
Der ansprechende Name, der auf das Städtchen überging, geht auf den Wahlspruch des Bauherrn, Herzog Johann d. J., zurück: ‚Gott gebe Glück mit Frieden‘.
Tiefrote Rosen schmücken die ebenfalls weißen, niedrigen Nebengebäude auf der Schlossinsel. Im Park eine Sammlung ausgefallener Bäume, manche jahrhundertealte, stattliche Erscheinungen, deren Stämme man mit drei Mann nicht umfassen könnte, andere erst in den letzten Jahrzehnten gepflanzt.
Wir schlendern über die Schlossinsel und beobachten kapitale Fische, die immer wieder aus dem stillen, dunklen Wasser nach Fliegen springen. Doch auch hier verscheucht uns bald erneut einsetzender, derber Regen
– nur, um den jetzt für eine Schlossbesichtigung zu nutzen, sind uns dort entschieden zu viele Menschen beisammen.
Wir machen uns wieder auf den Weg.

Für die Nacht fahren wir zurück zur ‚Dolleruper Destille‘, einem Gastgeber aus dem ‚Landvergnügen‘ (siehe bitte Tourinfo). In der kleinen Manufaktur verkosten wir edlen Gin und Rum, verkneifen uns aber tapfer auch noch diverse, verlockende Whiskys, Obstbrände und Liköre zu vernaschen …
Wir treffen unsere Wahl, was selbst bei unserer limitierten Vorauswahl wirklich nicht einfach ist – und haben am nächsten Morgen keinerlei Kopfweh … Bürgt für Qualität!

Den schönen Landstrich um Kappeln und die Schlei wollen wir mit ausgiebig Zeit genießen.
Sanft hügelig breitet sich das Land entlang des Meeresarmes, der sich tief ins Landesinnere erstreckt, aus. Dunkelgrüne Knicks durchziehen die Landschaft und reetgedeckte Häuser ducken sich in den Windschutz alter Bäume. Jeder der kleinen Fischerorte hier hat seinen eigenen Hafen.

Maasholm & Kappeln

Malerisches Maasholm
Malerisches Maasholm
Einer der ortsansässigen Fischer
Einer der ortsansässigen Fischer
Leuchtfeuer Schleimünde hinterm Mastenwald
Leuchtfeuer Schleimünde hinterm Mastenwald
Holländischer Traditionssegler
Holländischer Traditionssegler
FORTUNA im Museumshafen Kappeln
FORTUNA im Museumshafen Kappeln


Das malerische Fischerdorf Maasholm, am Nordufer der Schleimündung auf einer einstigen Insel gelegen, soll am Anfang stehen. Heute ist es bequem über einen Damm zu erreichen, nicht so aber seine berühmte Lotseninsel mit dem Leuchtfeuer Schleimünde, die standesgemäß allein über den Wasserweg zugänglich ist.
Niedrigen, liebevoll restaurierte Fischerhäuser scheinen sich entlang der flach über den Inselrücken ansteigenden Gassen zusammen zu kuscheln. Stilvoll dekorierte Sprossenfenster, weit herabgezogene Reetdächer, farbenfrohe Stockrosen und Rosen in Minibeeten zwischen den alten Mauern und dem schmalen Kopfsteinpflasterband – und auf der Pier trocknet ein Kormoran sein Gefieder nach dem Fischen …

Im schönen, alten Kappeln steht die stolze ‚Amanda‘, eine weiße Galerieholländermühle als Wahrzeichen auf ihrem Hügel über dem Städtchen und unten aus der Schlei ragt der letzte traditionelle Heringszaun Europas – eine noch immer funktionsfähige Reusenkonstruktion.
Im Museumshafen, meinem zweiten Wegpunkt hier im hohen Norden, liegen liebevoll gepflegte Traditionsschiffe an der Pier.
So viele Jahre konnte ich es kaum erwarten, im Sommer hierher zu kommen und mit Fortuna, ‚meinem‘ in diesem Jahr exakt 111 Jahre alten Küstensegler, in die Ostsee hinaus zu segeln … Vieles hat sich in über 30 Jahren an Bord verändert und auch wenn ich heute als Senior-Stammcrew nicht mehr aktiv dabei bin, tut es noch immer unendlich gut, ihr Deck unter meinen Füßen zu spüren und vom Ruder auf dem Achterdeck aus mit all diesen wunderbaren Erinnerungen im Herzen über ihren Klüver hinweg in die Ferne zu peilen …

Jörg hat Geduld, bis ich mich wieder trennen kann, dann folgen wir der Schlei ins Landesinnere bis Schleswig und wollen die Ausgrabungen von Haithabu erkunden.

Haithabu

Kleine Quelle
Kleine Quelle
Der Wall von Haithabu
Der Wall von Haithabu
Rekonstruierte Siedlung
Rekonstruierte Siedlung
Rückgezüchtete Mittelalterschafe
Rückgezüchtete Mittelalterschafe
Knorrige Baumgestalten
Knorrige Baumgestalten


Das Grabungsareal erstreckt sich jedoch von der Schlei bis rund um’s Haddebyer Noor, erschlossen durch Rundwege von 1,5 bis über 10 Kilometern Länge …
Eine kleine Quelle entspringt direkt auf dem schmalen Fußsteig und wirbelt die Sandkörner vom Grund der nur handtellergroßen Pfütze stetig auf. Vom Alter gezeichnete Baumriesen stehen vereinzelt am Wegesrand. – Ob sie wohl noch die Blütezeit Haithabu’s erlebt haben?
Wir ersteigen den massiven Schutzwall, der in weitem Halbrund die Siedlung mit ihrem Handelshafen einst zur Landseite schützte. Am Fuße dieses Walls ziehen gemächlich grasend kleinwüchsige, nach mittelalterlichem Vorbild rückgezüchtete Schafe entlang. Vom Wall aus können wir unseren Blick weit über den Wald und die rekonstruierten Häuser der Siedlung schweifen lassen. Der jetzt kurze Anleger ging einst hinaus ins Haddebyer Noor und war mit seinen auf der Plattform errichteten Buden Hafen, Zwischenlager und Handelsplatz in einem.
Das Museum mit all den wieder ans Tageslicht beförderten Schätzen der Wikinger ist trotz Voranmeldung und Ticketreservierung reichlich voll, wir sehen überall Menschen mit Abstand in Warteschleifen stehen – und verschieben unseren Besuch auf Zeiten mit günstigeren Vorzeichen.


Wieder regnet es. – Den ganzen Tag schon ziehen schwere, graue Regenschauer durch die Hügel der Holsteinischen Schweiz. Also fahren wir den ganzen Tag.
Plön, so malerisch zwischen seinen Seen gelegen, ist uns heute viel zu nass – von oben. Und auch das historische Lübeck mit seinem Holstentor und all den Zeugen seiner großen hanseatischen Vergangenheit fällt heute buchstäblich ins Wasser. Bei strömendem Regen hält sich unsere Lust auf Stadtbummel in sehr überschaubaren Grenzen.
Wir fahren durch den Dauerregen, bis er endlich aufgibt und stehen für die Nacht auf einem kleinen, für Camper ausgewiesenen Parkplatz direkt hinterm Deich. Hier begegnet uns eine clevere Alternative für’s Einchecken: Es gibt eine regensichere Station mit Preisliste, Vordrucken, Kuvers und einen Briefkasten – mit der Bitte, man möge doch sein Fahrzeugkennzeichen, Ankunftstag und Personenzahl sowie den gewünschten Abreisetag eintragen und das Ganze im Kuvert mit dem entsprechenden Betrag in den Briefkasten werfen.
Spät am Abend kommt dann eine reelle Studentenkiste von Auto über den Platz gerumpelt, jemand leuchte mit der Taschenlampe auf unser Kennzeichen, dann kommt ein ausgestreckter Daumen über’s Autodach hoch und die betagte Kiste rumpelt weiter zum nächsten Camper.

Nachdem wir uns bislang unsere kleinen Straßen selbst gesucht haben, wollen wir heute einen ersten Track nach dem Trackbook Nord-Ost von experience (siehe bitte Tourinfo) fahren – und wir sind mächtig gespannt!
Dieser Track wird seinem poetischen Namen ‚Leonorenwald‘ durchaus gerecht. Es ist eine abwechslungsreiche Strecke, teils unbefestigte Wege an Feldrainen entlang, in Schlossnähe dann kurze Passagen auf schmalem, sehr alten Kopfsteinpflaster durch Alleen und Wald. Wir sind fasziniert von den urigen Baumriesen. Schloss Kalkhorst grüßt mit seiner Backsteinfassade über den Seerosenteich hinweg zu uns herüber. Versteckt zwischen den alten Bäumen liegt es in seinem weitläufigen Park. Der Track hat eine enge Tunnelpassage, die für MB’s Größe grenzwertig ist und führt auf offiziellen Wegen auch durch den ursprünglichen Wald, der sich mit seinen Mooren jeglicher Nutzung erfolgreich verweigert hat. Ein schöner Track, der Lust auf mehr macht.

Leonorenwald

Unbefestigt am Feldrain
Unbefestigt am Feldrain
Uraltes Kopfsteinpflaster
Uraltes Kopfsteinpflaster
Schloss Kalkhorst
Schloss Kalkhorst
Knorrige Baumriesen am Wegesrand
Knorrige Baumriesen am Wegesrand
Unbefestigt nach Goldbeck
Unbefestigt nach Goldbeck


Ein Mal mehr nutzen wir an diesem Abend den langgestreckten Parkplatz direkt an der Wohlenberger Wiek als Nachtquartier.
Gleich jenseits der Straße zieht sich ein schmaler Naturstrand um die Bucht. Da ist in einer Regenpause ein Strandspaziergang angesagt. Sandstreifen durchziehen den Schilfgürtel, wellenförmig beugt sich das Rohr mit seinen braunen Blütenrispen im Wind und soweit das Auge reicht, blühen blasslila die Strandastern – wunderschön! – Und dann taucht die Abendsonne durch eine langgezogene Wolkenlücke die Sandabbrüche der kleinen Steilküste gegenüber in goldenes Licht.

Strandastern an der Wohlenberger Wiek

Blütenmeer aus Strandastern
Blütenmeer aus Strandastern
Spotlight auf die Steilküste
Spotlight auf die Steilküste
In Szene gesetzt!
In Szene gesetzt!


Bei erneut einsetzendem Regen genießen wir es dann abends auf MB, im Trockenen kochen und essen zu können und bevor wir später in unsere warmen Betten steigen, lesen wir uns gegenseitig bei einem Glas Bordeaux aus Heidi Hetzer’s ‚Ungebremst Leben‘ (siehe bitte Tourinfo) vor.

Für Wismar gönnt Petrus uns einen Sonne-Wolken-Mix. Diese alte Hansestadt sehen wir uns an.
Beeindruckende Bauten der Backsteingotik liegen verstreut im Stadtkern. Üppig mit den typischen Formsteinornamenten geschmückte, stattliche Speicher und Geschäftshäuser. Am weiten Marktplatz steht der ‚Alte Schwede‘, das älteste, 1380 erbaute Bürgerhaus der Stadt, umgeben von den prunkvollen Fassaden aus der florierenden Zeit der Hanse.

Die reich verzierte Wasserkunst dort, das Wahrzeichen Wismar’s, versorgte die wachsende Stadt über Jahrhunderte mit Wasser. An jedem Segment dieses zwölfeckigen Renaissance-Pavillons erzählen Inschriften seine wechselvolle Geschichte.
Von der einst imposanten Marienkirche steht leider nur noch der markante Backsteinturm mit dem umgebenden Mauerwerk, das zerstörte Kirchenschiff ist in Form eines steinernen Umrisses als Mahnmal ihm zu Füßen angelegt. – Und natürlich sehen wir uns die ‚Wissemara‘ im Hafen an, die originalgetreue Replik einer vor der Insel Poel gesunkenen und in den 90er Jahren wiederentdeckten, traditionellen Hansekogge. Um 12.00 Uhr läuft sie zu einer Rundfahrt aus – und natürlich lassen wir uns das Ablegen dieses in groben Linien aus dicken Planken gezimmerten Urzeitschiffchens nicht entgehen.

Impressionen aus Wismar

Illustre Gesellschaft am Parkplatz
Illustre Gesellschaft am Parkplatz
Glockenspiel der Marienkirche
Glockenspiel der Marienkirche
Alter Schwede
Alter Schwede
Historische Wasserkunst
Historische Wasserkunst
Die Wissemara in Aktion
Die Wissemara in Aktion


Auch der nächste Track in der Kühlung führt uns streckenweise über historische, in Jahrhunderten tief in den Grund eingefahrene Sandpisten durch alte Alleen, dann wieder mit weitem Blick über die riesigen Äcker, die so typisch für diese Gegend sind. Leider sind daher auch viele der Wege den schweren landwirtschaftlichen Maschinen angepasst und entsprechen ausgebaut. So besteht der Track aus einem Mix von Teer, Betonspur und Schotter, aber eben auch Naturwege u.a. durch eine Apfelallee – hier sind Obstbaumalleen weit verbreitet – und Passagen auf Kopfsteinpflaster.

Durch die Kühlung

Historische Sandpisten
Historische Sandpisten
Kopfsteinpflaster Richtung Gutshof
Kopfsteinpflaster Richtung Gutshof


Wir wechseln zwischen Natur und Kultur und sehen uns das berühmte Münster von Bad Doberan an.
Auch dieses Münster ist ein mächtiger, gotischer Backsteinbau, an dem nahezu zwei Jahrhunderte gearbeitet wurde. Es beeindruckt mit reichen Schnitzereien im Inneren: An dem hohen Chorgestühl rankt sich naturgetreu geschnitzter Wein empor, Wein schmückt auch teilweise den Stuck, der die massiven Backsteinpfeiler ziert. Die Engel an der altersdunklen Kanzel sind besonders schön gearbeitet und der von der Decke schwebende Marienleuchter strahlt reich mit Gold belegt.
Besonders auffällig sind die lebensgroßen, figürlichen Darstellungen in den herrschaftlichen Gruften.
Der sakrale Bau hat eine gewaltige Höhe und spielt mit der Stimmung einfallenden Lichtes. – Ob sich die damaligen Bauherren wohl von der andächtig stillen Lichtstimmung, die in alten, dicht gewachsenen Alleen herrscht, inspirieren ließen?

Münster zu Bad Doberan

Imposantes Münster zu Bad Doberan
Imposantes Münster zu Bad Doberan
Reiche Schnitzereien im Inneren
Reiche Schnitzereien im Inneren
Der schwebende Marienleuchter
Der schwebende Marienleuchter
Lebensgroße Darstellungen ...
Lebensgroße Darstellungen ...
... auf den Gruften
... auf den Gruften


Wir setzen über die Warnow über und folgen heute der Tour der Steine.
Auf diesem Track sind, einer jahrhundertealten Tradition folgend, große Findlinge als Wegweiser bemalt. Ein farbiges Symbol für jeden Ort und der Ortsname mit Richtungspfeil weisen seit der Postkutschenzeit dem Reisenden den Weg.
Wie schön, dass die Gemeinde Marlow diese geschichtsträchtige Tradition wieder aufleben lassen hat!
Dieser historische Track führt uns überwiegend auf natürlichen Sandwegen durch ein einsames Waldgebiet zurück zur Ostseeküste – und wenn man ganz still ist, hört man hin und wieder von Ferne das Schnauben eines Pferdes …
Für uns einer der schönsten Tracks unserer Reise.

Tour der Steine

Bemalte Findlinge ...
Bemalte Findlinge ...
... weisen an einsamen Kreuzungen ...
... weisen an einsamen Kreuzungen ...
... mitten im stillen Wald ...
... mitten im stillen Wald ...
... seit der Postkutschenzeit ...
... seit der Postkutschenzeit ...
dem Reisenden den Weg.
dem Reisenden den Weg.


In Barth bietet der Yachtservice eine handvoll Stellplätze auf seinem Gelände direkt am Yachthafen an. Wir sehen den munter schwatzenden Schwalben zu, wie sie mit akrobatischem Flug in atemberaubender Geschwindigkeit durch die Takelage der vielen Segelschiffchen kreuzen. Manches Mal kommen sie zu uns herüber und düsen so dicht um unsere Markise, dass wir den Luftzug ihres rasanten Fluges im Gesicht spüren können. Erst mit Sonnenuntergang kommen sie allmählich zur Ruhe und nach Einsetzen der Dunkelheit sind es dann Fledermäuse, die lautlos wie Schatten um die Markise kurven, unter der die Feuerhand mit ihrem warmen Schein in die Nacht strahlt.

Stellplatz Yachtservice Barth

Stellplatz mit schöner Aussicht
Stellplatz mit schöner Aussicht
WoMo-Wächter
WoMo-Wächter


Der historische Pfarrgarten in Starkow ist das Highlight des nächsten Tracks. Spiegeln doch gerade die jahrhundertealten Pfarrgärten in besonderem Maße die Ursehnsucht der Menschheit nach einer heilen, vollkommenen (Um-)Welt wieder. Sie waren in früheren Jahrhunderten nicht nur existenziell notwendig für die Versorgung der Pfarrfamilien, sondern zeigen auch die Parallelen zwischen gärtnerischer und seelsorgerischer Fürsorge auf. Sind in ihrem betont harmonischen Gleichgewicht zwischen Nutzen und Schönheit der Versuch eines irdischen Paradieses. – Und die Frage, warum historischen Pfarrgärten nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie Klostergärten zukommt, ist durchaus angebracht. Bergen sie doch ganz ähnlich botanische Schätze, wie diese selten gewordenen Obstsorten in Starkow.

Pfarrgarten zu Starkow

Romantischer Pfarrgarten
Romantischer Pfarrgarten
Achtung Rizinus!
Achtung Rizinus!
Alte Obstsorten voller Früchte
Alte Obstsorten voller Früchte
Bauerngarten am Haus
Bauerngarten am Haus
Handlicher Glockenturm
Handlicher Glockenturm


Kaum haben wir übergesetzt nach Rügen, macht die Sonneninsel ihrem Namen alle Ehre. Noch weht uns ein empfindlich kalter Wind um die Ohren, nachts sinken die Temperaturen auf 8° Celsius ab und die Ostsee lädt mit 15-16° Wassertemperatur nicht mehr wirklich zum Baden ein. Aber über die Insel wölbt sich ein strahlend blauer Himmel und der Sonnenschein macht Urlaubslaune.
Das lautstarke Trompeten einer Kranichkolonie ist weithin am Bodden zu hören – schon majestätische Tiere, die sich da am Feldrand sammeln.
Eine ganz andere Majestät kreist schweigend über dem weiten, offenen Land …

Sonneninsel Rügen

So sieht Urlaub aus!
So sieht Urlaub aus!
Lautstarke Kranich-Kolonie
Lautstarke Kranich-Kolonie
Kreisender Seeadler
Kreisender Seeadler
Sail away
Sail away


Wir folgen heute mit dem nächsten Track den Wanderspuren des Rügen-Historikers J. J. Grümbke in den Norden der Insel. Über weite Strecken verläuft der Track schnurgerade zwischen riesigen Äckern. Jörg entdeckt bei einem Fotostopp eine überdachte Spechthöhle, Schloss Boldewitz strahlt weiß im Sonnenschein und die Aussicht über Rügen vom Grümbke-Turm auf Hoch Hilgor ist – einfach sehenswert!!
… die Fotos, die auf den verschiedenen Etagen des Turmes die ortsansässige Tierwelt porträtieren aber auch! 😉

Track Hoch Hilgor

Geradeaus soweit das Auge reicht ...
Geradeaus soweit das Auge reicht ...
Komfortable Spechthöhle
Komfortable Spechthöhle
... und weiter geradeaus.
... und weiter geradeaus.
Schloss Boldewitz
Schloss Boldewitz
Gut getarnt
Gut getarnt


Lassen wir bei einem Rundblick von dem nach ihm benannten Aussichtsturm J. J. Grümbke selbst zu Wort kommen: „Die entlegene Ferne, die dort fast wie ein Luftbild zerfließt, wird hier dem Auge näher gebracht, und der veränderte Standort zeigt Hiddensee, Wittow, Jasmund und Rügen mit seinen Buchten und Wasserwindungen in ganz neuen Gestalten.“
Zitat zum Blick vom Hoch Hilgor aus Grümbke’s 1805 erschienen „Streifzüge durch das Rügenland“.

Blick vom Hoch Hilgor

Rügen und seine Wasser
Rügen und seine Wasser
Ihre Majestät
Ihre Majestät
Hiddensee's Dornbusch am Horizont
Hiddensee's Dornbusch am Horizont
Geniales Foto!
Geniales Foto!
Kap Arkona mit seinen Leuchtfeuern
Kap Arkona mit seinen Leuchtfeuern


Wir setzen mit einer der beiden kleinen Fähren über den Rassower Strom, eine jahrhundertealte Fährverbindung, freilich noch nicht ganz so lange als Autofähre. Doch vom Ende des 19. Jahrhunderts an waren schon zwei Fähren für einige Jahrzehnte auch für das Übersetzen der Waggons der Rügenschen Kleinbahn zuständig und die Verbindung blieb nach Einstellen der Bahnstrecke erhalten.
Ganz im Nordwesten der Halbinsel Wittow finden wir einen netten Stellplatz für die Nacht, spazieren zur kleinen Steilküste und genießen einmal mehr einen Sonnenuntergang am Meer.

Halbinsel Wittow

Rügen's Nordwesten - Wittow
Rügen's Nordwesten - Wittow
Stille Boddenlandschaft
Stille Boddenlandschaft
Abendspaziergang
Abendspaziergang
Flammender Sonnenuntergang
Flammender Sonnenuntergang
Rückweg zum Camp
Rückweg zum Camp


Dem historischen Transportweg der Kreide folgen wir dann quer über die Halbinsel Jasmund.
Aus der feuchten Kühle eines dichten Laubwaldes führt uns das schmale Kopfsteinpflasterband zurück in den Sonnenschein. Malerisch gewachsene, alte Bäume säumen nun immer wieder unseren Weg und öffnen sehenswerte Ausblicke über das sonnige, offene Hügelland zum Meer. Bei einem dieser Stopps entdecken wir in einer tiefen Pfütze junge Grasfrösche, die natürlich umgehend Modell sitzen müssen.
Lauschige Waldabschnitte wechseln mit sonnigen Überlandstrecken und an der Kreidegrube ist die Spur tief ausgefahren, so dass wir wenig später, als ein entgegenkommender, junger Fahrer uns leicht genervt fragt, ob denn da bald mal wieder normale Straßen kämen, überlegen, ob er diese Passage wohl schaffen kann? Nun, er vertraut auf das ‚x-drive‘ an seinem Wagen – also viel Glück!
Mit diesem sehr schönen, abwechslungsreichen Track verabschieden wir uns nach herrlichen Urlaubstagen allmählich von der Sonneninsel Rügen.

Auf dem Weg der Kreide

Tief eingefahrene Straße im Wald
Tief eingefahrene Straße im Wald
Buckel-Piste
Buckel-Piste
War's der Specht?
War's der Specht?
Ausblick über Land und Meer
Ausblick über Land und Meer
Heimelige Passagen
Heimelige Passagen
Sehr alter Streckenabschnitt
Sehr alter Streckenabschnitt
Quack!
Quack!
Alte Verbindungen
Alte Verbindungen
Ursprüngliches Land
Ursprüngliches Land
Letzte Kopfsteinpassage
Letzte Kopfsteinpassage


Doch bevor wir sie endgültig verlassen, fahren wir noch eine Schleife durch den Süden bis hinunter in die südlichsten Spitze der Halbinsel Mönchgut. Mit ihren gelb leuchtenden Steilküsten, langgezogenen Sandstränden an der Ostküste und den artenreichen Salzwiesen und stillen Schilfgürteln an der Westseite bietet dieses schmale Stückchen Land eine besonders vielfältige Natur. Nicht umsonst ist Mönchgut als UNESCO-Biosphärenreservat ausgezeichnet.
Am nächsten Tag kommen wir in der wunderschönen, alten Hansestadt Stralsund wieder zurück auf’s Festland.

Rügen’s Süden

Naturstrand im Süden von Mönchgut
Naturstrand im Süden von Mönchgut
Noch einmal Meer & Strand
Noch einmal Meer & Strand
Typisch Rügen
Typisch Rügen
Da gibt's Gegenverkehr ...
Da gibt's Gegenverkehr ...
Hansestadt Stralsund
Hansestadt Stralsund


Für diese Nacht ergattern wir im Norden von Usedom einen Nachtlager mit Smily-Effekt.
Auf unsere Frage nach einem Stellplatz schüttelt die nette Rezeptionistin bedauernd ihren Kopf. Ich werfe ein: „Es ist ein Allrad-Sprinter. Wir können auch da stehen, wo andere nicht so leicht hinkommen.“ Sie überlegt und beginnt zu grinsen: „Da hab ich vielleicht was für Euch. Schaut’s Euch mal an.“ … in dieser Nacht stehen wir auf der Betonplatte eines abgerissenen Hauses – und das direkt vis-á-vis eines Strandzuganges. – Yes! 😉

Usedom ist selbst fernab der Kaiserbäder hoffnungslos überrannt. Zähfließend schieben sich die Autokolonnen über die Insel. Nein, Spaß macht das nicht. – Wir schauen, dass wir wegkommen!
Auf dem Weg zu unserem letzten Küstentrack liegt der Anklamer Stadtforst, der vor langen Jahren einer Sturmflut zum Opfer fiel und nun abgestorben zum neuen Biotop am Peenestrom wurde.

Kormorane hocken reglos und schweigend auf den kahlen Baumskeletten und das trübe Regenwetter passt perfekt zur morbiden Stimmung dieses skurrilen Waldes …

Anklamer Stadtforst und Tanz der Kraniche

Im Reich der Kormorane
Im Reich der Kormorane
Morbider Charm
Morbider Charm
Das Wetter passt ...
Das Wetter passt ...
Tanz der Kraniche ...
Tanz der Kraniche ...
... bevor sie abheben.
... bevor sie abheben.

Wir haben uns den Peenetaltrack für heute vorgenommen.
Auch hier entdecken wir einen steinernen Wegweiser, doch das Entziffern der verwitterten Schrift ist ein Ratespiel.
Eine ganze Weile beobachten wir ein majestätisch über einen Acker dahinstolzierendes Kranichpaar, bevor es sich laut rufend in die Lüfte erhebt. – Die Flügelspannweite ist schon beachtlich!
Später wird der leicht über den Feldern liegende Fahrdamm mit seinem langen, noch regennassen Gras und Spurversatz zur Herausforderung. Die Fahrspur ist nur wenig breiter als MB’s und links und rechts verlaufen kleine Gräben, gerade tief genug, um uns mit unserer hohen Hütte Schwierigkeiten zu machen, sollten wir abrutschen …
Und – sorry MB – die kleine Schlammschlacht ist uns dann sehr willkommen, diese großen Pfützen sind einfach zu verlockend! Als Ausgleich bekommt er eine sorgsame Unterboden-Wellnessbehandlung mit Hochdruckreiniger.
Zum Ende hin führt uns auch dieser Track noch einmal zwischen malerisch knorrigen Baumgestalten hindurch.
Wir machen Rast an einem kleinen See und entdecken einen alten Baum, dem ein Gewitter übel mitgespielt hat.
Stark muss der Regen hier auch in dieser Nacht gewesen sein. Ein Feldrain bei Lassan konnte den Wassermassen wohl nicht mehr standhalten, so dass sich eine schwere Schlammlawine über die Straße ergoss. Notdürftig mit einem Radlader beiseite geschoben war die dann zumindest wieder passierbar.

Auf dem Peenetaltrack

Wegweiser-Ratespiel
Wegweiser-Ratespiel
Ja, schon klar ...
Ja, schon klar ...
... aber Spaß macht's trotzdem!
... aber Spaß macht's trotzdem!
Sauberspülen Ehrensache
Sauberspülen Ehrensache
Lauschige Waldpassage
Lauschige Waldpassage
Hat er noch Postkutschen gesehen?
Hat er noch Postkutschen gesehen?
Stiller See
Stiller See
MB wirkt nur klein
MB wirkt nur klein
Nur nicht aufgeben!
Nur nicht aufgeben!
Schlammlawine bei Lassan
Schlammlawine bei Lassan


Wohnmobile und Schlüurhüttn, wie unsere niederländische Freundin scherzhaft die Lieblingshänger ihrer Landsmänner nennt, sind auffallend viele in diesem Jahr auf Deutschland’s Straßen unterwegs. Von knuffig kleinen, in denen zwei gelenkige Menschen sicher in Embrionalhaltung auch schlafen können, bis hin zu wahren Flaggschiffen – die dann aber eben vor jedem Bergsträßchen kapitulieren müssen. Vom aktuellsten Design bis hin zu liebevoll gepflegten Schätzchen mit stolzem H-Kennzeichen. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. – Und manche machen den Eindruck, als wären sie vor Kurzem erst aus Oma’s Streuobstwiese geborgen und mehr oder minder fachkundig reanimiert worden, aber sie sind unterwegs und oft haben gerade deren erstaunlich junge Besatzungen das breiteste Grinsen von allen im Gesicht …

Eine Passage durch die beiden trutzigen Stadttore von Friedland bleibt uns leider verwehrt … passen könnte es knapp … sowas juckt ja schon in den Fingern …

Friedland's Stadttore

... da wachen noch zwei Ritter ...
... da wachen noch zwei Ritter ...
Trutziger Schutz
Trutziger Schutz


Mit dem nächsten Stellplatz haben wir wieder Glück. Versteckt im Kiefernwald an einem der vielen kleinen Seen liegt der Campingplatz. Die Begrüßung ist so ungewöhnlich wie herzlich. Die Anmeldung schon geschlossen, doch auf dem Stehtisch auf der Veranda steckt ein offener Brief im Aufsteller:
„Liebe Camper,
schade, dass wir uns verpasst haben. Nehmt Euch einen Plan und sucht Euch einen Platz, der Euch gefällt. Alles Andere hat Zeit bis morgen Früh.
Macht Euch einen schönen Abend!“
Toll, so geht es also auch! ;-D … und wir wünschen der jungen Betreiberin nur gute Erfahrungen und ehrliche Camper!


Stunden später tuckert es so typisch rhythmisch und laut auf dem Weg durch den abendstillen Wald und wenig später parkt ein paar Autolängen neben uns eines dieser liebevoll gehegten Schätzchen ein. Unten lindgrün, oben cremefarben, die kleine Frontscheibe geteilt = T1. Baujahr 1964!
Sein halbes Autoleben hat der kleine in Kalifornien als Transporter geschafft, wurde von seinem ersten Besitzer dann in Rente geschickt, von Hippies aufgekauft und zum Westfalia-Camper umgerüstet. Mit ihnen war er jahrelang auf Festivals zu Hause. Als Flower-Power dann verblüht war, wurde er wieder abgestellt und Jahre später vom Straßenrand weg von seinen jetzigen Besitzern aufgekauft. Seine neue deutsch-amerikanische Crew machte ihn wieder fit und vor zwei Jahren kamen alle Drei über den großen Teich zurück nach Deutschland.
Vielen Dank an dieser Stelle an Euch Beide, dass wir diese Fotos zeigen und die geschichtsträchtige Story Eures Schätzchen hier erzählen dürfen.

Weit gereister T1 im Camp

Alter Ritter
Alter Ritter
Rustikale Technik, ...
Rustikale Technik, ...
... die langlebig ist.
... die langlebig ist.
Stiller Waldsee ...
Stiller Waldsee ...
... mit glasklarem Wasser.
... mit glasklarem Wasser.


Mit unserem heutigen Track bleiben wir in der Feldberger Seenlandschaft und schauen uns dieses schöne Fleckchen Erde einmal genauer an. Stille Wälder, weites, dünn besiedeltes Land und jede Menge Seen, deren Wasser so klar ist, dass wir bis auf den Grund sehen können.
Der Track ist so abwechslungsreich wie das Land, durch das er uns führt. Schmale Feldwege verbinden kleine Orte, Waldgebiete wechseln mit offenem Land und die Bäume am Feldrain tragen schwer an all ihren Früchten. – Aber nach der Hälfte der Strecke brechen wir nach eingehender Beratung ab, für unser Empfinden führt uns der Track ab da auf zu kleinen Wegen tief ins Naturschutzgebiet. – Solange Sträßchen und Wege als offizielle Verbindungstrassen markiert sind, folgen wir ihnen sehr gerne, ansonsten haben wir im Revier der Eule mit unserem Diesel nichts verloren.

In der Feldberger Seenlandschaft

Forstweg
Forstweg
... ja ...
... ja ...
Entspannung pur ...
Entspannung pur ...
und doch hoch offiziell.
und doch hoch offiziell.
Schwergewichte
Schwergewichte
Mini-Idyll
Mini-Idyll
Waldameisenstaat
Waldameisenstaat
Üppig tragender Weißdorn
Üppig tragender Weißdorn
... wie im Baltikum ...
... wie im Baltikum ...


Auch den nächsten Track in der Uckermark brechen wir aus dem gleichen Grund ab. Bekommen aber trotzdem einige wirklich schöne Passagen unter die Rädern – und die knorrigen Bäume entlang der einsamen Wege zeugen von deren Jahrhunderte währender Historie. Wir versuchen, uns in jene Zeit zurück zu versetzen: Stellen uns das laute Trappeln der Hufeisen auf dem Steinpflaster vor, das Knarren der Kutsche und das Rattern der harten Holzräder auf dem holprigen Grund.
Dagegen ist Reisen heute das pure Verwöhnprogramm …

Auf vergessenen Straßen durch die Uckermark

Einsame Wege ...
Einsame Wege ...
... durch Feld ...
... durch Feld ...
... und Wald.
... und Wald.
Mächtiges Tor
Mächtiges Tor
Holperiges Kopfsteinpflaster
Holperiges Kopfsteinpflaster


Doch die tief in den Wäldern der Schorfheide versteckte Riesen-Landebahn Buran macht uns dann wieder Spaß!
Aber von Anfang an.
Denn dieser Track startet im malerischen Dörfchen Bebersee, das als Ganzes unter Denkmalschutz steht. Die Höfe und die ganze Dorfstruktur ist nahezu unverändert seit dem 18. und 19. Jahrhundert erhalten. Das neueste Gebäude, die Schule, stammt immerhin aus dem Jahr 1911. Gerade einmal 28 Einwohner – erfreulicherweise vier Kinder darunter – leben noch dauerhaft hier, so erzählt uns eine der Dorfältesten, mit der wir ins Gespräch kommen.

Bebersee wirkt, als wäre die Zeit stehengeblieben: Die Häuser schmuck herausgeputzt, auf einer hohen, klobigen Holzbank an der Straße stehen schwere, metallene Milchkannen, gerade so, als würden sie jeden Moment vom Molkereifuhrwerk abgeholt und der eckige Grenzstein am Ende der Straße weist frisch gestrichen die möglichen Ziele mit Richtungspfeilen aus.
Diesmal bummeln wir zu Fuß über das historische Kopfsteinpflaster und fangen in Anbetracht all der verschlossenen Fensterläden an, die alte Frau zu verstehen, deren Kummer es ist, dass die zugezogenen Wochenendler das Dorf unter der Woche verwaist zurücklassen. – Wäre es ohne sie so schmuck wieder aufgebaut worden? – Zwei Seiten einer Medaille …

Historisches Bebersee

Grenzstein & Wegweiser
Grenzstein & Wegweiser
Historische Höfe
Historische Höfe
Szenen aus dem Leben
Szenen aus dem Leben
Schulgebäude
Schulgebäude

Aber zurück zur Notlandebahn der nie fertiggestellten Buran-Rakete:
Über vier Kilometer fährt man noch von dem unscheinbaren, grünen Tor im Wald durch einen Mega-Solarpark, der selbst die Landbahn in weiten Teilen verstellt, bis zum Kopf dieser ehemaligen Landebahn.
Im lichten Wald verstreut liegen noch immer gut getarnte Shelter, in denen nun namhafte Autobauer Stellung bezogen haben und das weite Areal, jetzt als Motodrom umgebaut, für ihre Kampagnen nutzen.
Wir fragen freundlich an, doch MB darf nicht mitspielen … obwohl genau so einer wie er in deren Hochglanz-Sternchenflotte fehlt
!

Buran, die Riesenlandebahn

Schnurgerade Anfahrt
Schnurgerade Anfahrt
Motodrom
Motodrom
Die Sternchenflotte
Die Sternchenflotte
Platz für den Gasfuß
Platz für den Gasfuß
Passt doch ;-D
Passt doch ;-D


Abends finden wir dann wieder einen Stellplatz mit Seeblick – und Dank Corona-Abstandsregeln – kann Jörg über den freien Platz auf unser zugewiesenes Stückchen einparken. 😉


Mehr von dieser Reise gibt es hier nach und nach …





Tour-Informationen

Literatur:


‚Landvergnügen, der andere Stellplatzführer‘
von Landvergnügen UG Berlin, ISBN: 978-3-9820834-0-7

‚Ungebremst Leben‘ von Heidi Hetzer
Ludwig Verlag München, ISBN: 978-3-453-28113-4

‚Trackbook Nord-Ost‘ von Melina Lindenblatt & Matthias Göttenauer
experience, ISBN: 978-3-00-0657382

Tipps:

Horster Mühle, www.horstermuehle.de


Dolleruper Destille, www.dolleruper-destille.de



Storm – Haus in Husum, www.storm-gesellschaft.de/museum/